Europa ist mehr – mit Sally Lisa Starken und Mechthild Rothe

Am 25. März hatte die SPD Jöllenbeck zum Montagsgespräch eingeladen. Prominente Gäste waren Mechthild Rothe (langjährige Abgeordnete in Brüssel und Vizepräsidentin des Europaparlaments) und Sally Lisa Starken, die Kandidatin für die Europawahl.

Mechthild Rothe zog in ihrem Statement eine positive Bilanz: „Ich bin fassungslos, wie ignorant und böswillig über Europa gesprochen und dies auch noch durch die Medien verbreitet wird. Wie können Menschen in der globalisierten Welt glauben, kleine Nationalstaaten könnten die Probleme, die uns grenz- ja kontinentübergreifend beschäftigen, alleine besser lösen? Die Europäische Union ist eine riesige Errungenschaft. Die Mitgliedsstaaten haben nur kleine Teile ihrer Souveränität abgegeben und dafür bessere Bedingungen für alle geschaffen. Das fängt an mit der Tatsache, dass wir seit über siebzig Jahren im Frieden leben. Dann die vier Grundfreiheiten im europäischen Binnenmarkt – Freizügigkeit für Arbeitnehmer, Freiheit von Warenverkehr, Dienstleistungen und Kapitalverkehr, davon haben wir alle etwas. Wichtig die gemeinsame Umweltpolitik, da hinkt die Bundesrepublik in einigen Bereichen hinterher, gleiches gilt für Verbrauchergesetze und soziale Mindeststandards. In 2017 ist die sog. ‚soziale Säule‘ verabschiedet worden, deren zwanzig Grundsätze jetzt die Basis für zukünftige Gesetze ist. Es passiert eine Menge im Europäischen Parlament, nur bekommen das viel zu wenige mit. Eine Alternative zur EU? Die EU noch besser und noch stärker machen!“

 

Sally Lisa Starken ist 28 Jahre alt und arbeitet in der Generalstaatsanwaltschaft Hamm. Die Einladung zum Montagsgespräch nutzte sie, um ihre Vision und ihre Anliegen in Bezug auf Europa zu erläutern.
Sally Lisa Starken hat internationale Wurzeln und auch internationale Freunde. Für sie steht fest: Europa liegt vor unserer Haustür, nur nehmen viele Menschen das nicht wahr. Einige Beispiele. Deutlich über die Hälfte (65 %) aller Waren, die in Bielefeld produziert werden, gehen in die EU-Mitgliedsstaaten. Bielefeld ist direkter Empfänger von EU-Fördermitteln, zusammen über 17 Mio € gingen an die REGE, die Erneuerung des Kesselbrinks, die Aufwertung von Gadderbaum und die Neugestaltung des Jahnplatzes (Zeitraum 2014 bis 2020).

Die Crux ist, Europa nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft, sondern vielmehr als Wertegemeinschaft zu begreifen!
Ihr Credo: „Europa, das sind derzeit 28 Staaten mit unterschiedlicher Geschichte, mit verschiedenen Stärken und Schwächen und einer Bevölkerung von mehr als 500 Millionen Menschen, die in 24 Amtssprachen miteinander kommunizieren.
Europa zeigt Widerstandsfähigkeit. Es fängt sich und richtet sich stets neu auf. Das macht den Kern des europäischen Gedankens aus. Darum bedeutet Europa mehr als bloße Verträge oder Verordnungen, über die sich oft trefflich streiten lässt. Gerade weil die Feinde dieses europäischen Gedankens stärker werden, braucht Europa mehr von dieser Widerstandsfähigkeit.
Für mich hat Europa ein rotes Herz. Das soll sich auch nach den nächsten Europawahlen im Parlament widerspiegeln – in einem Europa, das aus seinem Innersten heraus zusammen hält und den Menschen Chancen bietet.
Die Herausforderung besteht darin, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, während um uns herum lieb gewonnene Stabilität wegbricht.
Die große Aufgabe lautet daher, das subjektive Gefühl der Unsicherheit und des Kontrollverlustes, das viele Menschen umtreibt, in ein ehrliches Gefühl zu verwandeln. Die EU muss ihre Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten unter Beweis stellen, Sicherheit gewährleisten, im klassischen wie im wirtschaftlichen Sinne.“

Frieden, Gemeinschaft und Freizügigkeit.
Damit kam Sally Lisa Starken zum Thema Arbeit und Soziales Europa
Sie ist sich sicher: „Mit Blick auf die beschlossene Konzept des SPD-Parteivorstands für einen neuen Sozialstaat muss die SPD die soziale Frage vor allem in Europa wieder in den Mittelpunkt stellen. Ich möchte ein Europa in dem es gerecht zugeht. Dazu braucht es eine EU, die soziale Politik der Nationalstaaten nicht nur ermöglicht, sondern erleichtert. Wir brauchen einen europäischen Mindestlohn, mehr Investitionen in Bildung und die Festlegung auf ein Minimum an Sozialausgaben, das sich am Durchschnittseinkommen der Bürgerinnen und Bürger des jeweiligen Landes bemisst. Um das zu verwirklichen benötigen wir einen Stabilitätspakt für Sozialpolitik mit genau diesen Inhalten, den alle Mitgliedstaaten unterschreiben. Das Konzept für einen neuen starken Sozialstaats ist ein guter Anfang. Als Vorbild für mutige Sozialstaatspolitik kann die SPD auch wieder Vorbild der europäischen Sozialdemokratie werden. ”
Viele Menschen würden glauben, die sozialen Standards in Deutschland würden durch Europa herabgesetzt. Das ist aber schon lange nicht mehr der Fall, in vielen Bereichen sind uns andere Staaten voraus: „Der europäische Mindestlohn in Höhe von 60 % des nationalen Durchschnitts würde für Deutschland eine Erhöhung auf 12 € nach sich ziehen. Deswegen sind die bürgerlichen Parteien dagegen.“
Weiterhin legt Sally Lisa Starken ihre Schwerpunkte auf die Bereiche Nachhaltigkeit und Umweltpolitik: „Klimapolitik ist Zukunftspolitik, und diese Zukunft müssen wir gestalten – Jetzt! Denn der Klimawandel wartet nicht auf unsere Zukunft. Konkret heißt das: das Pariser Klimaabkommen muss durch klare und verbindliche Regeln in Europa umgesetzt werden. Dafür trete ich ein!“